Sozial-ökologische Transformation

Das Forum Bits & Bäume: Werkstatt für eine nachhaltige Digitalisierung

Das Forum Bits & Bäume knüpft an die bis dato größte Konferenz zu den Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit an, die im November 2018 in Berlin stattfand. Die Veranstaltungsreihe bietet ein Forum für die Vernetzung von Politik, angewandter Wissenschaft und Zivilgesellschaft aus der Tech- und Nachhaltigkeits-Community und möchte Handlungsvorschläge erarbeiten, wie die Digitalisierung zukunftsfähig gestaltet werden kann.

Virtuelles Forum Bits & Bäume: Langlebig, offen, reparabel und datensparsam. Gestaltungsoptionen für nachhaltige Hard- und Software

Donnerstag, 23. April 2020

Digitale Technologien führen zu immer mehr Energie- und Ressourcenverbräuchen. Neben der Nutzung technischer Geräte und digitaler Dienste spielt vor allem eine Rolle, wie Software programmiert und Hardware materiell ausgestattet ist und wie diese lizenziert sind. Verpflichtende Softwareupdates, die immer neue Anforderungen an die Hardware stellen, bei gleichzeitigem Support-Ende für die bisherige Softwarelösung, sind ein Beispiel dafür, wie Nutzer*innen gezwungen werden, eigentlich noch intakte Hardware durch Neugeräte zu ersetzen. Werden immer mehr Alltagsgegenstände miteinander vernetzt, so verschärft sich die Problematik des steigenden Energie- und Ressourcenverbrauchs für immer mehr Geräte.

Wie können Hard- und Software nachhaltig gestaltet werden? Bei der Herstellung und Nutzung von Hardware spielen Aspekte wie Langlebigkeit, Reparierbarkeit und der schonende Einsatz von Ressourcen eine entscheidende Rolle. Bei Software geht es neben der Energiesparsamkeit auch um langfristige Updatefähigkeit, Datenkomprimierung oder auch Transparenz und Autonomie. Ein wichtiger Schritt ist, die materielle und die immaterielle Basis der Digitalisierung stärker zusammenzudenken. Im 3. Forum Bits & Bäume diskutieren wir - Gestaltungsoptionen für nachhaltige Hard- und Software, - bestehende Ansätze für offene Hard- und Software, die beispielsweise in Fab-Labs und Maker-Spaces vielfach praktiziert werden, - Herausforderungen für die politische Regulierung, - bereits vorhandene Rahmensetzungen wie etwa das „Right to Repair“, die Eco-Design-Richtlinie oder den Blauen Engel für Software.

Im 3. Forum Bits & Bäume diskutieren wir

  • Gestaltungsoptionen für nachhaltige Hard- und Software,
  • bestehende Ansätze für offene Hard- und Software, die beispielsweise in Fab-Labs und Maker-Spaces vielfach praktiziert werden,
  • Herausforderungen für die politische Regulierung,
  • bereits vorhandene Rahmensetzungen wie etwa das „Right to Repair“, die Eco-Design-Richtlinie oder den Blauen Engel für Software.

Datum: 23. April 2020, 16:00 – 19:00 Uhr

Ort: Einstein Center Digital Future, Wilhelmstraße 67, 10117 Berlin

Veranstalter: Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und Technische Universität Berlin, Fachgebiet Sozial-ökologische Transformation im Rahmen der Nachwuchsgruppe „Digitalisierung und Sozial-ökologische Transformation“ in Kooperation mit dem Einstein Center Digital Future, dem Konzeptwerk „Neue Ökonomie“ und der Free Software Foundation Europe. Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Förderschwerpunkt Sozial-ökologische Forschung (SÖF).

Zweites Forum Bits & Bäume: Steuern haben noch keine ausreichende ökologische Lenkungswirkung für nachhaltige Digitalisierung Text & Medien

Montag, 27. Januar 2020

Digitalisierung und Klimaschutz – zwei heiße Eisen, über deren politische Ausgestaltung derzeit viel diskutiert wird. (Wie) können Digitalsteuer und CO2-Steuer zum Ziel einer nachhaltigen Digitalisierung beitragen? Als politisches Instrument haben sie in der Digitalwirtschaft keine ausreichende ökologische Lenkungswirkung, so die Teilnehmenden des zweiten Forums Bits & Bäume am 27. Januar 2020. Anreize für eine digitale und ökologische Regulierung müssten sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene geschaffen werden.

Steuern für eine nachhaltige Digitalisierung
Steffen Lange vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) stellte die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Umwelt dar. Die zunehmende Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) gehen demnach derzeit mit steigenden Treibhausgasemissionen einher. CO2-Steuer oder ein erweiterter Emissionshandel könnten klimaschädliche Emissionen senken. Da große IT-Konzerne bisher allerdings unterdurchschnittlich viel Steuern zahlen, könnte eine neue Ausgestaltung des Steuersystems auf globaler Ebene zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben beitragen. Lange bezweifelt, dass durch diese Maßnahmen allein das Ziel einer zukunftsfähigen Digitalisierung erreicht werden kann.

Der ökologische Rucksack der Digitalisierung
Kora Kristof vom Umweltbundesamt (UBA) zeigte die enormen ökologischen Auswirkungen der Digitalisierung: Ressourcenverbrauch für Infrastruktur und Hardware sowie wachsender Energieverbrauch durch hohe Datenmengen, insbesondere im Video-Streaming. Die Rechenzentren als zentrales Glied der digitalen Vernetzung haben ebenfalls einen hohen energetischen Fußabdruck. Die beschlossene CO2-Steuer wird nicht ausreichen, um diesen auf ein nachhaltiges Niveau zu senken, da durch sie die Digitalwirtschaft nicht speziell adressiert wird. Reformoptionen sieht Kristof in der Erweiterung der Besteuerung von Umweltverbrauch und Ressourcennutzung sowie in ergänzenden Instrumenten wie Ökodesignanforderungen oder bei der öffentlichen Beschaffung.

Digitalisierung, Wirtschaft und zukünftiger Wohlstand
Laut Christoph Wicher vom Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat die Digitalisierung eine hohe Relevanz für bestehende und in Gründung befindende Unternehmen. Die wirtschaftlichen Erfolgsgeschichten der großen Digitalunternehmen zeigten einen möglichen Wandel auf. Er betonte die Notwendigkeit, steuerliche Instrumente klug auszugestalten, um soziale und ökologische Ziele zu erreichen und Ineffizienzen zu vermeiden.

Politische Instrumente in der Diskussion
In einer interaktiven Fishbowl-Diskussion wurden die aufgeworfenen Fragen von Dieter Janecek, Bundestagsmitglied für Bündnis 90/DieGrünen, Deborah Schanz von der Ludwig-Maximilians-Universität München, Sarah Ganter von der Friedrich-Ebert-Stiftung und Tilman Santarius von der Technischen Universität Berlin vertieft.

International spielt Nachhaltigkeit in Diskussion noch keine Rolle
Sie waren sich einig: Die diskutierten Varianten der Digitalsteuer haben noch keine spezielle ökologische Lenkungswirkung. In der internationalen Debatte um eine vereinheitlichte Steuergesetzgebung multinationaler Unternehmen wird die Verbindung von Besteuerung und Digitalisierung mit dem Ziel der Nachhaltigkeit noch nicht diskutiert. Noch würden „klassische Themen“ wie Steuergerechtigkeit im Welthandel überwiegen und von zivilgesellschaftlichen Akteuren betont. Die Diskutierenden sprachen sich für eine internationale Lösung dieser Probleme aus. Da dies eine längere Zeit in Anspruch nehmen dürfte, sollten aber derweil auf nationaler Ebene Anreize für eine digitale und ökologische Regulierung gesetzt werden.

Künstliche Intelligenz für nachhaltige Entwicklung? Erstes Forum Bits & Bäume zeigt, was dafür noch fehlt

Dienstag, 10. September 2019

Autonomes Fahren soll den Arbeitsweg angenehmer, datenbasierte Verbrechensvorhersagen Städte sicherer, intelligente Spracherkennung das Erlernen von Fremdsprachen überflüssig machen. Künstliche Intelligenz (KI) – Vorsprung durch Technik auch für Nachhaltigkeit? Oder schwerer ethischer und ökologischer Rucksack? Darüber diskutierten Wissenschaftler*innen und Vertreter*innen aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft mit Entscheidungsträger*innen aus der Politik auf dem ersten Forum Bits & Bäume am 10. September 2019.

Energieverbrauch von KI ist hoch
Künstliche Intelligenz: Maschinen lernen und improvisieren wie Menschen. Mithilfe von komplexen Modellen miteinander verbundener Neuronen sollen Maschinen unterschiedliche anspruchsvolle Probleme lösen. Bisher ist „starke“ KI, die umfassende Nachbildung von neuronalen Netzen, noch wenig verbreitet. Dafür findet sich „schwache“ KI etwa in Sprach- und Gesichtserkennung, Suchmaschinen oder bei selbstfahrenden Autos oder Chatbots. Damit diese neuronalen Netze Aufgaben lösen können, müssen sie umfassend trainiert werden. Insbesondere das Trainieren kostet viel Energie. Soll eine Maschine beispielsweise ein Gesicht erkennen, muss sie mit Dutzenden bis Millionen Bildern gefüttert werden. Schätzungen gehen davon aus, dass das Trainieren eines neuronalen Netzes etwa so viel CO2 wie ein Flug von Berlin nach Madrid und zurück verursacht. Kommen immer mehr Anwendungen in Gebrauch, geht auch der Energieverbrauch steil nach oben.

Aber kann KI in Zukunft auch zu mehr Energieeffizienz und Nachhaltigkeit beitragen? Autor Timo Daum, der die Eröffnungsrede hielt, ist kritisch. „Nachhaltige KI“ erschöpfe sich bisher darin, etwa Rechenzentren effizienter zu machen. Damit löse KI primär Probleme, die sie selbst erschaffen habe. Auch die Anwendung von KI diene bisher vor allem dazu, herauszufinden, wie Menschen zu mehr Konsum motiviert werden können. Daum forderte deshalb, den gesellschaftlichen Nutzen ins Verhältnis zu Energie- und Ressourcennutzung setzen.

Im Energiesektor könnte KI jedoch Ressourcen einsparen: Der Ausbau der erneuerbaren Energien macht den Energiemarkt komplexer. Mit KI und intelligent vernetzten Systemen kann die Netzauslastung erhöht werden. Swantje Gährs vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) erklärte, dass die Entwicklung von KI-Anwendungen im Energiesystem noch in Kinderschuhen stecke. Ob durch KI zukünftig weniger Energie verbraucht wird, ist offen.

Fehlende Transparenz und diskriminierende KI
KI wirft zudem viele ethische Fragen auf: Wie transparent sind die Algorithmen? Wie legitim ist es, dass große Tech-Konzerne diese ohne demokratische Kontrolle gestalten? Olga Levina vom Forschungszentrum Informatik (FZI) wies darauf hin, dass in den USA die Polizei bereits Predictive Policing anwendet. Die Polizei nutzt große Datenmengen, um Vorhersagen über Verbrechenswahrscheinlichkeiten zu treffen und damit auch Polizeieinsätze zu steuern. Das Problem: Das System basiert auf Daten aus der Vergangenheit, dadurch reproduziert es Diskriminierungsmuster, die in der Gesellschaft vorhanden sind.

Doch auch wer die Algorithmen entwickelt, ist kritisch für nachhaltige KI. Bisher entwickeln vor allem große Tech-Konzerne wie Amazon, Google und Co. KI-Anwendungen. Die „Champions der digitalen Ökonomie“ haben durch große Datensammlungen einen Vorsprung. Das erschwert den Zugang für lokale oder nicht-profitorientierte Anbieter und fördert Marktmonopole.

Die Teilnehmenden des Forums entwickelten unterschiedliche Ideen, diesen Problemen zu begegnen. Gemischte Entwickler*innenteams könnten etwa dazu beitragen, Anwendungen diverser zu gestalten. Anwendungen sollten sich „Labortests“ unterziehen, um deren Auswirkungen zu testen, bevor sie auf den Markt kommen. Und die Gesellschaft sollte mehr Einfluss darauf nehmen können, zu entscheiden, welche KI sie möchte.

Die Gesellschaft braucht mehr Mitspracherecht in der Gestaltung von KI
Wie kann die Politik KI aktiv und nachhaltig gestalten? Dieser Frage stellten sich in einer Fishbowl-Diskussion Anna Christmann, Bundestagsmitglied der Grünen, Stefan Ullrich vom Weizenbaum Institut und Matthias Spielkamp von AlgorithmWatch. Es sei Aufgabe von Zivilgesellschaft und Politik, den gesellschaftlichen Nutzen von KI einzufordern und ins Zentrum der Debatte zu stellen. Und gerade dort, wo über Menschen geurteilt wird, sei dies im besonderen Maße erforderlich. Dazu gehöre auch, Standards und Kriterien zu entwickeln, die für alle gelten. Ein wichtiger Hebel sei dabei die Forschungspolitik: Bisher spielt Nachhaltigkeit in der Förderung von KI noch kaum eine Rolle, das müsse sich ändern. KI-Expert*innen haben die Verantwortung, die Debatte über KI zu ermöglichen, indem sie Funktionsweise und Wirkung offenlegten. Nur so kann die Gesellschaft effektiv einfordern, dass sich die Entwicklung von KI am Gemeinwohl orientiert.

Über das Forum Bits & Bäume

Das Forum Bits & Bäume bietet über zwei Jahre einen offenen Diskussionsraum, um die nachhaltige Gestaltung der Digitalisierung stärker ins Zentrum zu rücken und wissenschaftliche und zivilgesellschaftliche Themen und Forderungen in den politischen Diskurs einzubringen. Die Veranstaltungen werden in dialogischen Formaten mit aktiven Workshop-Elementen durchgeführt, um konkrete Politikvorschläge und Gestaltungsoptionen zu erarbeiten und für die öffentliche und politische Diskussion aufzubereiten.

Das Forum Bits & Bäume wird von der wissenschaftlichen Forschungsgruppe „Digitalisierung und sozial-ökologische Transformation“ von IÖW und TU Berlin veranstaltet, in Kooperation mit dem Einstein Center Digital Future und weiteren wechselnden Partnern. Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Förderschwerpunkt sozial-ökologische Forschung (SÖF) gefördert.